
Von Roland Müller | Wenn „Phoenix aus der Asche“ heute ein Wunderwerk in Hörde kreieren wollte, würde der antike Wundervogel wohl kaum an das Eisen- und Stahlwerk Hoesch denken, wohl aber an die ehemalige Dortmunder Bergmann Brauerei: Während Hoesch sich 2001 vom Standort Hörde endgültig verabschiedete, feiert hingegen in der Gegenwart die traditionsreiche Brauerei neben stillgelegten Hochofen und Kühltürmen ein erstaunliches Comeback.
20 Jahre ist es her, als dem promovierten Mikrobiologen und gebürtigen Dortmunder Thomas Raphael eine scheinbar waghalsige Idee in den Kopf stieg: Für nur 300 Euro erwarb er die Markenrechte an der Dortmunder Bergmann Brauerei und eröffnete 2008 eine erste Braustätte im Dortmunder Hafen. Es folgte 2017 eine glänzende Eröffnung mit Stehbierhalle und Braustätte auf Phoenix-West in Hörde. Der Wundervogel hatte im Schatten der ehemaligen Hoesch-Gasgebläsehalle ganze Arbeit geleistet und dabei auch den Werbeslogan der Bergmann-Brauerei berücksichtigt : „Harte Arbeit – Ehrlicher Lohn“.
Gelohnt hat es sich sicherlich für Thomas Raphael und die gesamte Belegschaft: „Wir sind mit 5 000 Hektolitern im Jahr gestartet und haben heute schon die Marke von 10 000 Hektolitern geknackt.“ Diese Entwicklung hängt sicher auch mit der Personalpolitik zusammen: So sind in der Stehbierhalle meist junge Leute (nahezu 50 Aushilfskräfte) damit beschäftigt, rund 12 verschiedene Biersorten an den Mann, an die Frau, respektive ins Glas zu kriegen. „Personalsorgen“, so Thomas Raphael, „kennen wir also nicht.“ Mit der Selbstbedienung entfällt so ein Sorgenthema, mit dem die Gastronomie fast überall zu kämpfen hat.
Zwar lebe man schon länger in einer Zeit, so Raphael, in der zunehmend immer weniger Bier getrunken würde, „aber unsere Hektoliter-Zahlen weisen in eine umgekehrte Richtung“. Nicht umsonst hat die Braustätte auf Phoenix-West ihre Kapazitätsgrenze längst überschritten und muss deswegen Produktionsaufträge an mehrere Brauereien in Westfalen abgeben.
Die immense Nachfrage nach Bergmann-Bier hat sicherlich auch mit dem runden Angebot auf Phoenix-West zu tun: Neben zwölf Biersorten gibt es alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Kaffee, Wasser und – nicht zu vergessen – die leckeren Currywürste, Hotdogs und andere Spezialitäten immer wieder wechselnder Schnellimbisse im Biergarten. Und eine andere, bisher einmalige Leckerei, lässt Thomas Raphael derzeit in Zusammenarbeit mit einer Dortmunder Bäckerei entwickeln: „Treber-Chips“, die aus den Rückständen des Braumalzes gefertigt, dann den Ofen verlassen und in Kürze das Bergmann-Angebot knuspern lassen. Und bei Sonne bieten verschiedene Sitzbänke für etwa 140 Kunden einen Platz im Freien. Bei Regen oder Frost bietet die Stehbierhalle mit ihren Sitzbänken etwa 70 weiteren Gästen gemütlichen Schutz.
Ja, hätte das die Dortmunder Union-Brauerei gewusst! Doch als die größte Brauerei der Stadt 1973 mit einem Ausstoß von über 2 Millionen (!) Hektolitern im Jahr ein historisches Maximum erreichte, machten sich die Bier-Direktoren mit Sicherheit keine Gedanken über Chips – schließlich galt Dortmund damals mit sieben Brauereien als die drittgrößte Bierstadt der Welt.
Bei den ersten warmen Frühlingstagen nutzten jetzt die Gunst der Stunde auch Petra und Michael. Die beiden sind in Hörde geboren, kennen sich seit der Jugendzeit und sind seit 20 Jahren verheiratet. Petra erinnert sich: „Mein Vater war Stahlarbeiter bei Hoesch. Wenn ich ihn mal abholte, kam ich nur bis zum Werkstor. Da konnte ich mir überhaupt nie die Größe des Werksgeländes vorstellen. Heute ist alles frei zugänglich, umgewandelt und modernisiert. Und wir genießen hier ein Bier. Wie schön.“
Info
Stehbierhalle, Elias-Bahn-Weg 2
0231-95 03 90 1
harte-arbeit-ehrlicher-lohn.de
Öffnungszeiten
Mo – Do 16 bis 22 Uhr
Fr, Sa, So 12 bis 22 Uhr
Brauereiverkauf (Hintereingang):
Mo – So: 11 bis 20 Uhr